Moj put u Mekku
Evropa zeli upoznati Islam, da li ga zeli razumjeti…
Tekst objavljen u njemackom casopisu Bild am Sonntag
Bild: Unser Autor, der türkische Journalist Ertuğrul Özkök, vor der würfelförmigen Kaaba, die im Islam als erstes Gotteshaus verehrt wird. Die Kaaba gibt allen Muslimen weltweit die Gebetsrichtung vor. Die Frau trägt Schutz – gegen Schweinegrippe.
Na slici: Naš autor, turski novinar Ertugrul Ozkok, pored Kjabe, koja je prvi vjerski objekt u Islamu. Svi muslimani svijeta vrse molitvu okrenuti u pravcu Kjabe. Žena, lijevo na slici nosi zastitnu masku protiv svinjske gripe.
Am Mittwoch beginnt die Hadsch
Die Hadsch, die große Pilgerreise, findet in diesem Jahr vom 25. bis 30. November statt. Unser Autor machte die verkürzte Wallfahrt, die sogenannte Umra. Hier die wichtigsten Informationen für eine Reise nach Mekka:
U srijedu pocinje Hadž
Hadž, najvece hodočašće Muslimana održati ce se ove godine od 25 do 30 novembra. Naš autor je napravio kraće hodočašće, poznat kao Umrah. Ovdje su najvažnije informacije za putovanje u Mekku:
Von Ertuğrul Özkök
napisao Ertuğrul ÖZKÖK
In wenigen Tagen brechen rund drei Millionen Muslime zur Hadsch auf, der jährlichen Wallfahrt nach Mekka. Dort werden die gläubigen Männer und Frauen um Allahs Segen bitten und um die Vergebung ihrer Sünden. Aber wie ist es dort, direkt im Herzen des Islam? Der Chefredakteur der türkischen Zeitung „Hürriyet“, Ertuğrul Özkök, 61, reiste schon vor dem Massenansturm zur „Heiligen Stätte“. In BamS erzählt er von der Faszination des Pilgerns und warum er trotz Allah nicht auf Rotwein verzichten will.
Ich bin viel gereist, um Frieden mit mir selbst zu suchen. Ich war in Katmandu, in den Hintergassen von Marrakesch, in den Tempeln der tibetischen Mönche und auf der Route 66. Ich bin als Muslim geboren, aber das Leben hat mich erst jetzt auf die Suche in die geheiligte Erde des Islam geschickt.
In den vergangenen drei Jahren hatte ich keinen Gedanken darauf verschwendet, auf Pilgerfahrt zu gehen. Ich war sehr interessiert an Jerusalem, könnte sogar sagen: Ich habe mehr Wissen über die Geschichte des Christentums, kann jedoch nicht sagen, dass ich die Geschichte des Islam gut kenne.
Es ist Anfang September, als Ertuğrul Özkök nach Mekka aufbricht. Die sechs Tage lange Hadsch, die große Wallfahrt, gehört zu den fünf Pflichten im Islam. Özkök hat sich für eine verkürzte Wallfahrt, die sogenannte Umra, entschieden. Sie kann vor Ort innerhalb von ein paar Stunden absolviert werden. Wegen der großen Zahl an Muslimen, die ihre Hadsch antreten wollen, setzt die saudi-arabische Regierung jedes Jahr für alle Nationen eine Pilger-Quote fest. Die verkürzte Wallfahrt ist eine Alternative für alle, die keine Hadsch-Zulassung bekommen haben, mit nahezu identischen Ritualen zu einer anderen Zeit des Jahres.
Während der gesamten Flugreise ist mir durch den Kopf gegangen, ob ich schon das weiße Pilgergewand hätte anziehen sollen. Die einen sagen, es sei Bedingung, andere verneinen das. Sie sagen, ich könne es auch im Flugzeug überstreifen. Wichtig ist, dass man das Gewand anlegt, bevor man die Erde betritt, die man „Heilige Stätte“ nennt. Die „Heilige Stätte“ ist der Name des Gebietes, das 25 Kilometer im Umkreis der Kaaba liegt.
Die Kaaba (arabisch „der Würfel“) ist ein rechteckiges Gebäude im Innenhof der Heiligen Moschee und gilt den Muslimen als erstes Gotteshaus. Abraham baute sie Gott zu Ehren und leistete darin Opfergaben. Die Kaaba markiert den Punkt, nach dem die Muslime ihre Gebete ausrichten. Die Wände sind mit einem schwarzen Brokatvorhang bedeckt. Auf ihrer Pilgerfahrt sollen die Muslime in weißen nahtlosen Gewändern (die Frauen mit unverhülltem Gesicht) die Kaaba gegen den Uhrzeigersinn siebenmal umkreisen und Gott preisen. Journalist Özkök fühlt sich in dem Pilgergewand unwohl. Er ist zwar Muslim, ist aber auch als Reporter vor Ort. Er hat sich entschieden, ein weißes T-Shirt und eine Hose zu tragen.
Die Kaaba ist heute wie ein „Turm von Babel des Islam“, Menschen kommen aus allen Weltgegenden.
Was fühlt man, wenn man die Kaaba zum ersten Mal sieht? Am Tor ziehe ich die Schuhe aus, beginne barfuß zu laufen. Ich gehe durch die Eingangshalle, dann taucht die Kaaba auf. Sie ist das bekannteste religiöse Symbol unseres Lebens, das Herz des gesamten Islam.
Ich kann mich nicht entscheiden, ob sie größer oder kleiner ist, als ich erwartet habe. Außerdem frage ich mich, warum dieser schlichte Bau in Form eines Würfels so heilig sein kann? Aber das Fragen endet bei der Andacht und es beginnt die bedingungslose Huldigung des Glaubens.
Mein Führer Osman hält mich am Arm fest, beginnt zu beten und sagt mir: „Wiederhole alles wörtlich, was ich sage.“ Die arabischen Gebete beginnen, einen Teil davon kann ich nicht aussprechen. Jedes Mal, wenn wir zu einer Ecke der Kaaba kommen, öffnen wir unsere beiden Hände nicht zu uns selbst, sondern zur Kaaba und sprechen ein kurzes Gebet, und dann küssen wir die Innenfläche unserer rechten Hand und laufen weiter. Das Barfußlaufen auf dem blitzsauberen Marmor bereitet mir außerordentliches Vergnügen. Und mein Körper, der seit meiner Kindheit leicht gebeugt ist, gewöhnt sich an den aufrechten Gang. So beginnt die siebenmalige Umkreisung der Kaaba.
Viele Pilger umkreisen sie mit einem Mundschutz gegen Schweinegrippe.
Aus Sorge vor der Seuche hat das saudi-arabische Gesundheitsministerium für dieses Jahr festgelegt, dass die Pilger eine Impfbestätigung gegen Schweinegrippe bei Einreise vorlegen müssen.
„Die siebenmalige Umkreisung der Kaaba ist die Bewegung der Liebe“, sagt der Autor Mustafa Islamoglu. Ich sage, sie ist die Teilnahme des Menschen an der göttlichen Existenz. Es herrscht keine Ordnung, jeder bewegt sich innerhalb der Menschenmenge, läuft aber so, wie er will. Manche schneller, manche langsamer, manche im Kreis, manche in Windungen. Manche bleiben stehen und betrachten die Umgebung, manche laufen, ohne ihre Augen auch nur eine Sekunde lang von dem Koran in ihrer Hand abzuwenden. Wenn Sie aber von außen auf diesen Nebel schauen, sehen Sie, dass er sich mit einer göttlichen Ordnung bewegt. Ein geordnetes Chaos.
Was für eine Wirkung hinterlässt der Marsch bei mir? Das eigentliche Gefühl, das mir von dort im Sinn bleibt, ist das tiefe Vergnügen, das ich empfand, als ich mit nackten Füßen über den schneeweißen Marmor lief.
Denn als sich der Glanz des schwarzen Tuchs über der Kaaba und der Kontrast des weißen Marmors mit dem Marsch vereinte, schuf das ein tiefes Gefühl der Reinigung in mir. Außerdem war der Geruch, den ich einatmete, während ich lief – nach Desinfektionsmittel. Das war sowieso eines der stärksten Gefühle, die mir von der Kaaba und den Plätzen, die sie umgeben, im Sinn geblieben ist. Eine Reinlichkeit, die Bewunderung hinterlässt. Ich habe fünf Kilometer zurückgelegt. Als wir ins Hotel zurückkehren, sind meine Fußsohlen blitzsauber.
Das siebenmalige Umkreisen der Kaaba (Tawaf) ist ein wichtiger Bestandteil der Pilgerreise. Als es vor Jahren in Mekka zu einer Überschwemmung kam, umkreisten die Pilger die Kaaba schwimmend oder auf kleinen Flößen. Tawaf symbolisiert die absolute Liebe, es dreht sich alles um Gott.
Ich setze mich auf den Marmor und meine Reporteraugen blicken sich um. Manche Leute sind in weißen Gewändern gekommen, andere in der Nationaltracht aus Afrika. Manche Frauen sind pechschwarz verhüllt, andere blütenweiß. Einige haben ihr Gesicht völlig verschleiert, bei anderen ist es unverhüllt.
Ich bin Teil dieser Menschenmenge geworden, welche die Kaaba siebenmal umkreiste, aber wenn Sie fragen, ob ich ein Glaubender dieser Karawane geworden bin, wüsste ich es nicht. Mein Kopf ist immer noch wirr. Nun ist erst mal der Umlauf zwischen Safa und Marwa an der Reihe.
Nach dem Gebet an der Kaaba beginnt das Streben (Sa‘y), verbunden mit Mühsal und Zielen. Der Pilger geht siebenmal schnellen Schrittes zwischen den Hügeln Safa und Marwa hin und her. So soll die Suche der Hagar nach Wasser für ihren verdurstenden Sohn nachempfunden werden. Sa’y symbolisiert die absolute Vernunft, es geht um die menschliche Selbstbestimmung.
In der Landschaft, in die Mekka eingezwängt ist, wurde ein Teil der Hügel begradigt, den Pilgern, den Weg zu bahnen, und um das Gelände für die Hotels zu sichern, in denen sie übernachten. Die Hügel Safa und Marwa gibt es nicht mehr, doch symbolisch leben sie weiter. Zwischen ihnen ist ein Abstand von etwa 300 Metern. In dem Moment, in dem wir den Korridor zu den Hügeln betreten, begegnen wir einer riesigen Menschenmenge, die von unten auf uns zuläuft. Der Umlauf zwischen Safa und Marwa ist ein gradliniger Marsch. Es sind zwei breite Korridore, die parallel zueinander verlaufen. Zwischen ihnen befindet sich ein dritter, engerer Korridor, der nur Rollstuhlfahrern vorbehalten ist.
Dieser Teil der Reise beeindruckt mich tief. Tausende von Menschen laufen in dieselbe Richtung. Wenn sie nach links blicken, sehen sie, dass eine genauso große Menschenmenge in die Gegenrichtung marschiert.
Jeden Augenblick nehmen Hunderte neuer Menschen an dem Marsch teil, und die Bewegung erweckt das Gefühl, als ob es ins Unendliche weiterginge. Ich begebe mich stärker in die Menschenmenge hinein, werde noch mehr Teil von ihr. Bei diesem Marsch verschwinden alle Identitäten, Titel und Geschlechtsunterschiede. Niemand ist hässlich, Namen haben keine Bedeutung mehr. Jetzt verstehe ich, dass die Wallfahrt aus einer dauernden Bewegung besteht. Doch ich überprüfe mich auch selbst.
Wie weit gehöre ich dieser Menschenmenge an? Ich kann mich ihr nicht anvertrauen. Meine Seele, die sich 60 Jahre lang individualisiert hat, und mein Ego im Wachzustand, halten mich davor zurück, in der Karawane aufzugehen.
Während ich an dem Umlauf teilnehme, verstehe ich diese Tatsache jetzt richtig und nehme sie an. Der Weg meines Glaubens ist einzig und allein, dass ich mit Gott Zwiesprache halte. Die Menschenmenge nimmt mich auf, aber selbst in dieser Karawane fahre ich fort, mich als schwarzen Punkt zu sehen. Das Bild jedoch, das mir dort am stärksten im Sinn geblieben ist, ist die Menschenmenge im Rollstuhl. Die erschöpften Körper und die müden Blicke, die den Tod erwarten, erklären mir einmal mehr die Kraft des Glaubens.
Unser Wagen fährt aus Mekka hinaus. Die Landschaft ist immer dieselbe: Hügel, die aus Tuffstein entstanden sind. Mein Führer holt eine kleine Schere aus der Tasche und schneidet ein Büschel von meinem Haar ab.
Das Schneiden des Haares steht für den Beginn eines neuen Lebensabschnittes und die Befreiung von Sünden.
Nun ist die verkürzte Wallfahrt vollendet, die Teilnehmer können jetzt ihr Gewand ausziehen und normale Kleidung anlegen.
Welche Wirkung hatte meine Pilgerreise auf mich? Wirst du künftig den Alkohol aufgeben, fragten mich viele Leute. Nein, werde ich nicht.
Er ist ein wichtiges Element in meinem Leben. An intensiven, stressigen Tagen tut mir ein Glas Rotwein gut. Aber das rate ich niemandem. Werde ich die anderen Pflichten des Islam erfüllen? Nein, ich werde nicht anfangen, die Gebetszeiten einzuhalten. Ich habe nicht gefastet. Ich denke auch künftig nicht daran zu fasten. Ein Opfertier zu schlachten, wird mir weiterhin fern bleiben. Aber ich bin ein gläubiger Mensch, ich glaube an Gott.
Und sagen Sie mir, wohin geht jemand, der sich in der Menschenmenge verloren hat? Nirgendwohin. Nur zu Gott.
Aufgezeichnet von Rena Beeg