Ljiljana Buttler Petrović – R.I.P.

 

Die große Dame des Roma-Liedes Ljiljana Butler

Tekst objavljen i emitovan na radiju na WDR – Funkhaus Europe nakon koncerta MSR U Stadtgartenu u Kelnu 14.05.2005

Gesendet am 15.05.05 in der Matinee

Benannt haben sie sich nach dem urtümlichsten und charakteristischsten bosnischen Musikgenre. Der Sevdah (vermutlich arabisch für "Liebe, Begehren, Ekstase") geht mindestens auf das 14. Jahrhundert zurück und bildete sich unter türkischem Einfluss zunächst als ein fast unbegleiteter, hochexpressiver Gesang heraus. Heute wird er auch mit Akkordeon, Violine und Gitarre vorgetragen. Wie etwa bei der Mostar Sevdah Reunion unter dem Sänger Ilijaz Delic, die das Genre in den aktuellen Kontext hebt Die Idee zur Band entstand mitten im Balkan-Krieg, als der Musikredakteur Dragi Šestic im zerstörten Mostar einem improvisierten Konzert von Delic beiwohnte, begeistert war, und schließlich den Plan fasste, um ihn und den hochvirtuosen Akkordeonisten und Klarinettisten Mustafa Santic eine Band zu gruppieren. Erst fünf Jahre später jedoch, lange nach Kriegsende, nahm das Projekt konkretere Züge an.

Mit Musikern von Rock-, Jazz- und Folk-Background aus Mostar und Sarajevo, sowie der macedonischen Gast-Diva Ezma Redzepova wurden nach und nach die ergreifenden Poesie-Vertonungen für das Debütalbum in der Heimat eingespielt. Als Begleitensemble zweier vergessener Roma-Stars fungierte die Band im Anschluss, für die große Dame des Roma-Liedes Ljiljana Butler und den ominösen Saban Bajramovic, auf dessen Konto seit 1964 über 600 Kompositionen gehen. Auf "A Secret Gate" festigte die MSR ihren Ruf als wichtigste Stimme des Nachkriegsbosniens: Delics schmerzlich intensive Stimme wird nun bereichert durch Vokaleinlagen seiner Mitstreiter Santic und des Geigers Nedja Kovacevic, dazu lässt man alte Tanzformen wiederauferstehen. Am schönsten eine kleine völkerverständigende Geste im Titelstück, das von einem Kroaten, einem Serben und einem Bosnier gesungen wird: Den Groove bilden zwei Steine aus Flüssen, die ehemals durch die Demarkationslinie Mostars getrennt waren.

 

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